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Kita -Streik: Es gibt kein Geld zurück

  (sr). Die Wut bei vielen Eltern sitzt tief. Durch die Streiks an den Kitas, auch in Schwerin, sind sie immer wieder gezwungen alternative Betreuungsangebote zu suchen. Nun hat der

  • Veröffentlicht Juni 1, 2015
Kita-Betreiber und Essensversorger warten seit Monaten auf ihr Geld von der Stadt
Die Kita Reggio Emilia in Friedrichsthal

 

(sr). Die Wut bei vielen Eltern sitzt tief. Durch die Streiks an den Kitas, auch in Schwerin, sind sie immer wieder gezwungen alternative Betreuungsangebote zu suchen. Nun hat der kommunale Kita-Träger in Schwerin angekündigt, trotz nicht erbrachter Dienstleistung die Betreuungsgebühr vollständig einbehalten zu wollen. Eine Entscheidung, die nicht unumstritten ist.

 

Zum ersten Mal nach dem unbefristeten Kita-Streik, setzen sich Montagabend Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften an einen Tisch. Verdi-Chef Frank Bsirske rechnet nach eigenen Aussagen bei den Tarifverhandlungen für Erzieher und Sozialarbeiter im öffentlichen Dienst heute mit einer Annäherung zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. In einem Interview mit der »Frankfurter allgemeinen Sonntagszeitung« sagte er: »Sie können erwarten, dass die Tarifparteien aufeinander zugehen.«. Für die Eltern könnte das ein Hoffnungsschimmer sein. Nicht wenige hoffen, dass schon am kommenden Donnerstag ein Streikende seitens der Gewerkschaften beschlossen werden könnte. Das erscheint aber angesichts des Verhandlungsstandes sehr optimistisch. Zu weit entfernt sind im Moment die Vorstellungen zwischen Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und den Gewerkschaften – neben Verdi auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Deutsche Beamtenbund dbb. Bsirske selber dämpft im FAS-Interview gestern die Hoffnungen. Solang es kein annehmbares Ergebnis gibt, so der Verdi-Boss, werde weitergestreikt. Trotzdem wird die Streikdelegiertenversammlung voraussichtlich am kommenden Donnerstag darüber abstimmen, ob das heute unterbreitete Angebot ausreicht, damit ein Streik beendet werden kann.

 

Solidarität der Eltern schwindet

 

»Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte«, so zumindest die weitläufige Meinung. Beim Kita-Streik trifft das alte Sprichwort jedenfalls keineswegs zu. Die betroffenen Eltern sind inzwischen ziemlich sauer, nachdem Erzieher und Sozialarbeiter sich seit dem 8. Mai in einem unbefristeten Streik befinden.  Sie sehen sich als die Hauptleidtragenden des Streiks und müssen sich nun immer wieder um eine Alternativunterbringung ihrer Kleinsten bemühen. Das verursacht nicht selten einen erheblichen Aufwand. Nicht selten sind mit dem Kita-Streik auch ganze Familienkrisen verbunden. Die anfängliche Solidarität mit den Streikenden bei den Eltern ist aufgebraucht. Viele Eltern befürchten, dass über die kurzfristigen organisatorischen Nöte hinaus, auch die Kitagebühren langfristig ansteigen könnten. Anlass für Unmut, da sind sich die Eltern einig, ist also mehr als gegeben.

 

Kommunen als Nutznießer des Streiks?

 

Gibt es aber vielleicht doch Nutznießer des Streiks? Zumindest wenn man in den letzten Tagen mit Politikern und Gewerkschaftern gesprochen hat, dann scheinen die Kommunen den schwarzen Peter zugesteckt bekommen zu haben. Als »Streikverursacher« würden sie im Moment mit den Streiks auch noch ein Geschäft machen, so der Vorwurf.

 

Ganz von der Hand weisen, kann man den Vorwurf nicht. Denn wenn die Kita-Beschäftigten streiken, zahlt der Träger für diese Zeit keinen Lohn und spart somit Personalkosten. Gleichzeitig werden aber auch Elternbeiträge und Essensgeld für die Kinder weiter einkassiert – auch wenn die Kita geschlossen ist.

 

Die FDP-Stadtvertreterin Cécile Bonnet kann nicht verstehen, warum den Eltern die Betreuungsgebühr nichts zurückerstattet werden soll
Die FDP-Stadtvertreterin Cécile Bonnet kann nicht verstehen, warum den Eltern die Betreuungsgebühr nichts zurückerstattet werden soll

In Schwerin wurden am vergangenen Donnerstag und Freitag gerade erst wieder 15 Einrichtungen der städtischen gemeinnützigen Kita GmbH bestreikt. Als erste Stadtvertreterin in Schwerin, forderte die FDP-Politikerin, Cecile Bonnet, daher in der vergangenen Woche eine Rückerstattung der Elternbeiträge. Von Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow, die sich in der Vergangenheit als Verwaltungschefin öffentlich für eine bessere Vergütungen der Erzieherinnen und Erzieher in Schwerin eingesetzt hat, erwartet Bonnet, das diese  sich »nun ebenso konsequent dafür stark macht, den vom Streik betroffenen Schweriner Eltern, anteilig die Elternbeiträge für die ausgefallene Betreuung und das nicht verspeiste Kita-Essen zu erstatten.« Die Kita gGmbH, deren Mehrheitsgesellschafter die Stadt Schwerin ist, solle nicht noch am »aktuellen Streik zu Lasten der Eltern ein Geschäft machen«.

 

Viele Kommunen erstatten die Elternbeiträge tatsächlich zurück. So haben im Norden die Städte Kiel und Lübeck angekündigt, dass sie die Elternbeiträge erstatten möchten. Die Sozialbehörde in Hamburg, hat den Trägern der Einrichtung eine Rückerstattung empfohlen. Allerdings ist diese den einzelnen Trägern freigestellt und nicht verbindlich.

 

Schwerin zahlt keine Betreuungskosten zurück

 

Grundsätzlich kann die Rückerstattung der Elternbeiträge nicht eingeklagt werden. Die Träger der Kindertagesstätten berufen sich beim Streik auf »höhere Gewalt« und sehen sich daher nicht in der Verpflichtung, die Gelder zurückzuerstatten.

 

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Die Eltern in Schwerin werden daher definitiv mit keiner Rückerstattung der Elternbeiträge rechnen können. Die Sprecherin der Landeshauptstadt, Michaela Christen, beruft sich gegenüber unserer Redaktion darauf »dass die Kommunen die finanziellen Folgen eines Streiks nicht auszugleichen haben«. Der Dienstleistungsausfall für die Eltern, sei als ein Fall »höherer Gewalt« anzusehen. »Rückzahlungen, die andere Kommunen eventuell vornehmen, erfolgen ausschließlich auf der Grundlage von Kulanzerwägungen und nicht auf der Grundlage eines Rechtsanspruchs.«, so Christen. In Rücksprache mit Landeshauptstadt und dem Aufsichtsrat, wird die gemeinnützige Kita GmbH daher keine Betreuungskosten zurückerstatten.

 

Lediglich bei den Personalkosten, hat sich die Landeshauptstadt eine Verrechnung ausgedacht. »Das Geld, das durch die Einsparung von Personalkosten an den Streiktagen zusätzlich zur Verfügung steht, soll für eine Budgeterhöhung der Einrichtungen eingesetzt werden und in Absprache mit den Elternvertretungen für konkrete Projekte im Sinne der Kinder verwendet werden.«, kündigt die Pressesprecherin an.

 

Elternvertreter raten trotzdem zur Einforderung der Rückerstattung

 

Elternvertreter raten trotzdem dazu, dass die Eltern eine anteilige Erstattung der Betreuungsgebühren einfordern sollen.  »Wenn Gewerkschaftsmitglieder streiken, erhalten sie von der Gewerkschaft Streikgeld. Auch dem Arbeitgeber entstehen keine finanziellen Nachteile. Denn die Kita-Gebühren der Eltern fließen weiter«, sagt Christian Dietz, Vorstandsmitglied im Landeselternausschuss Hamburg.

 

Der Landeselternrat Mecklenburg-Vorpommern und auch der Elternrat der Landeshauptstadt haben sich bisher noch nicht offiziell zur Entscheidung der Kita gGmbH geäußert. Trotzdem regt sich auch in Schwerin Widerstand gegen die Entscheidung. So hat der Schweriner Rainer Schiffel einen Musterbrief an die Kita GmbH verfasst, in dem die Betreuungsgebühren von dem kommunalen Unternehmen zurückgefordert werden sollen. »Ich wünsche mir, dass möglichst viele Eltern mit der Rückforderung anzeigen, dass sie mit der Entscheidung vom städtischen Träger, Aufsichtsrat und der Landeshauptstadt nicht einverstanden sind«, sagt Schiffel gegenüber Schwerin-Lokal.

 

Auch für Cecile Bonnet ist die Entscheidung, die Betreuungsgebühr nicht zurückerstatten zu wollen, unverständlich und schlicht »nicht familienfreundlich«. Die Stadtvertreterin weist darauf hin, dass dieEltern für eine Betreuungsleistung bezahlt haben, die von der der Kita gGmbH wegen des Streiks nicht vollständig erbracht wird. »An sich liegt es da auf der Hand, im Rahmen kunden- und familienfreundlichen Verhaltens der Kita gGmbH, den Eltern und der Stadt wegen fehlender Gegenleistung anteilig am Ende des Streiks das Geld für die Streiktage zurück zu zahlen.«, meint Bonnet. Das zu viel gezahlte Geld gehöre schließlich den Eltern als Kunden der Kita GmbH.

 

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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