Fr, 19. April 2024
Close

Volksabstimmung am Sonntag: „Ein Zeichen für eine lebendige Demokratie“

Am Sonntag findet die erste Volksabstimmung in Mecklenburg-Vorpommern seit über 20 Jahren statt. Viele Schwerinerinnen und Schweriner fragen sich, wie weit wir in Schwerin eigentlich von der Gerichtsstrukturreform betroffen sind

  • Veröffentlicht September 2, 2015

Volksentscheid

 

(stm). Am Sonntag findet der erste Volksentscheid in der Landesgeschichte statt. Viele Schwerinerinnen und Schweriner fragen sich, wie weit wir in Schwerin eigentlich von der Gerichtsstrukturreform betroffen sind und ob wir überhaupt an der Volksabstimmung teilnehmen brauchen?

 

 
ANZEIGE
 Werbung Rohrexperten

 

Schwerin Lokal hat sich deshalb mit dem Vorsitzenden des Richterbundes Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Axel Peters unterhalten. Der Deutsche Richterbund (DRB) ist der Spitzenverband der Richter und Staatsanwälte. Sein Landesverband Mecklenburg-Vorpommern gehörte zu den treibenden Kräften im Land, die eine Volksabstimmung erreicht haben.

 

Dr. Axel Peters ist der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes in Mecklenburg-Vorpommern
Dr. Axel Peters ist der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes in Mecklenburg-Vorpommern

Schwerin Lokal: Guten Tag Herr Dr. Peters, gleich die wichtigste Frage zu Beginn: Wie ist Ihre Einschätzung zu den Auswirkungen auf die Landeshauptstadt Schwerin?

 

Dr. Peters: Auf den ersten Blick scheint es so, als wenn Schwerin, so wie andere größere Städte in M-V durch die Gerichtsstrukturreform nicht betroffen sind, ja sogar zu den »Gewinnern« gehören.

 

Die örtlichen Gerichte bleiben erhalten und im Fall von Schwerin wird die Zuständigkeit des Amtsgerichts sogar noch erweitert. Aber, dieses »Inseldenken« greift zu kurz. Denn jede Stadt und jede Region ist immer auch mittelbar durch Strukturreformen betroffen.

 

Denn diese Strukturreformen kosten Geld – Geld für die Umzüge der Gerichte oder für die Umbaumaßnahmen an den aufnehmenden Standorten. Aber allein mit diesen Anfangsinvestitionen ist es nicht getan. Auch der laufende Betrieb der Gerichte ist zukünftig mit höheren Kosten verbunden, z.B. für Zeugen, Anwälte und Sachverständige, die bislang vor Ort nur um die Ecke zum Gericht gingen und zukünftig erhebliche Fahrtkosten haben. Behörden und Polizei, die regelmäßig bei Gericht sind, verursachen durch die weiteren Wege ebenfalls höhere Kosten. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Die Landesregierung selbst geht davon aus, dass etwa 34 Millionen Euro in 25 Jahren gespart werden sollen. Gleichzeitig betont sie aber, dass es bei dieser Reform nicht vorrangig um Einsparungen gehe. Übersetzt heißt das nichts anderes, dass am Ende von Einsparungen nicht die Rede sein kann.

 

Schwerin Lokal: Können Sie das etwas mehr erklären?

 

Dr. Peters:  Diese Reform kostet also das Geld des Steuerzahlers, also auch der Menschen in Schwerin oder in den anderen anscheinend nicht betroffenen Städten.

 

Jeder Euro, der für diese Reform aufgewendet wird, fehlt an anderer Stelle, auch in Schwerin – sei es für Kultur, Jugendeinrichtungen, Sozialprojekte und, und, und.

 

Besonders deutlich wird das an der Kreisstrukturreform. Schwerin ist – wieder scheinbar – nicht betroffen, bleibt die Stadt doch kreisfrei. Allerdings muss das Land inzwischen die Landkreise mit hunderten von Millionen unterstützen. Alles Geld, was jedenfalls nicht mehr für Schwerin ausgegeben werden kann. Das heißt, auch die Menschen in Schwerin zahlen jede unwirtschaftliche Reform mit.

Schwerin Lokal: Wie werden Sie und der Richterbund weiter verfahren, falls der Volksentscheid nicht den für Sie erhofften Ausgang findet?

 

Dr. Peters:  Mit dem Volksentscheid am 6. September ist das demokratische Verfahren zur Aufhebung der Gerichtsstrukturreform beendet. Weitere rechtliche Möglichkeiten sind dann nicht mehr gegeben und die Reform wird, wie beschlossen, umgesetzt. Natürlich wird der Richterbund auch dann die Umsetzung weiter kritisch begleiten und auf die durch die Reform entstehenden Missstände hinweisen – nicht, um »Recht zubehalten«, sondern um deren Beseitigung anzumahnen.

 

Schwerin Lokal: Weswegen würden Sie den Schwerinerinnen und Schwerinern eine Beteiligung an der Abstimmung ans Herz legen?

Dr. Peters:  Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes können die Menschen über eine Sachfrage, eine konkrete Entscheidung der Landesregierung abstimmen. Vielen Menschen reicht es nicht, nur alle paar Jahre ihre Stimme bei einer Wahl einem Kandidaten zu geben und dann in Sachfragen nicht mehr gefragt zu werden.

 

Unsere Demokratie lebt davon, dass sich die Menschen einbringen und einmischen können. Dass Demokratie nichts Selbstverständliches ist, wissen gerade die Menschen in den Neuen Bundesländern noch sehr gut. Es gilt, sie mit Leben zu erfüllen. Deshalb sollten alle Einwohner des Landes, natürlich auch die Schwerinnerinnen und Schweriner als Bewohner unserer Landeshauptstadt, von ihrem demokratischen Recht am Sonntag Gebrauch machen. Die Teilnahme am Volksentscheid ist ein Zeichen für eine lebendige Demokratie.

 

Schwerin Lokal: Wir danken Ihnen für dieses kurzfristige Interview.

Mehr Informationen zum Volksentscheid am kommendem Sonntag gibt es hier:

http://www.volksentscheid-mv.de

Über diesen Link gibt es eine genaue Übersicht, wo das nächste Wahlbüro ist:

https://www.wahlschein.de/IWS/initwahlscheinlink.do;jsessionid=F27D0C17B2206CF8C762BAF821FC8CAC.wahlschein-2?mb=13004000&action=wrs&index=0

 

Written By
Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

Kommentiere den Beitrag

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert