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Staatstheater Schwerin: Lösung wurde vertagt

Schwerin, 16.12.2015. (red/sr). Komödie oder Drama? Diese Frage stellen sich im Moment beim Mecklenburgische Staatstheater viele Menschen. Wie geht es weiter? Eine Antwort auf diese Frage erwarten vor allem die

  • Veröffentlicht Dezember 16, 2015

Schwerin, 16.12.2015. (red/sr).  Komödie oder Drama? Diese Frage stellen sich im Moment beim Mecklenburgische Staatstheater viele Menschen. Wie geht es weiter? Eine Antwort auf diese Frage erwarten vor allem die Beschäftigten.

 

Staatstheater Schwerin (1)

 

Von Stefan Rochow

 

Kurz vor dem Weihnachtsfest hat das Land Mecklenburg-Vorpommern den Mitarbeitern nämlich ein ganz besonderes Geschenk gemacht: Dank der Nichtauszahlung von zugesagten 1,5 Millionen Soforthilfe seitens des Landes, steht das Staatstheater kurz vor der Insolvenz. Vor wenigen Wochen stellte das Land sogar die gesamte Fusion und den Einstieg des Landes als Gesellschafter in Frage. Die Risiken, so hieß es damals, seien für das Land nicht abschätzbar. Für die Beschäftigten begann eine Hängepartie, die bis heute anhält, obwohl es sowohl von Seiten der Landeshauptstadt als auch vom Land Signale gibt, dass man das Staatstheater nicht Pleite gehen lassen möchte.

 

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Zankapfel sind rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Personal. Das Beteiligungscontrolling des Landes hatte bei einer Untersuchung Personalkosten von 600.000 Euro entdeckt, die das Bildungsministerium nicht nachvollziehen kann. Aus dem Ministerium heißt es, man habe erst sehr spät Einsicht in die Personalakten des Staatstheaters nehmen können, da diese immer wieder mit dem Hinweis auf Datenschutz verwehrt wurde. Umso größer war die Verwunderung des Ministeriums im Hinblick auf die Personalkosten, zumal es bis heute kein mit dem Theater in Parchim abgestimmtes Personalkonzept gibt.

 

Unerklärliche Peronalkosten von 600.000 Euro

 

Gerade unter dem Aspekt, dass Schwerin und Parchim fusionieren wollen, hält das Bildungsministerium Kostensicherheit bei der Personalentwicklung für wichtig. Offensichtlich befürchtet das Bildungsministerium vom Staatstheater beim Einstieg als Gesellschafter über den Tisch gezogen zu werden, zumal es nicht nur bei den 600.000 Euro Mehrkosten bleiben wird. Für die Jahre 2016 bis 2020 fällt das Defizit, so ist aus dem Staatstheater zu hören, 5,5 Millionen Euro höher aus als ursprünglich vom Land veranschlagt.

 

Wie das Defizit bei den Personalkosten entstehen konnte, darüber kann die Landeshauptstadt als Gesellschafter des Staatstheaters keine erschöpfende Antwort geben. Die nun ausgewiesenen Mehrkosten könnten durch die Einstellung von neuem Personal, aber auch durch Verzögerungen beim zugesagten Stellenabbau oder durch die Unbespielbarkeit der Spielstätte in Parchim entstanden sein. Aufklärung hält das Bildungsministerium daher für dringend geboten.

 

 

Die Landeshauptstadt geht, auch aufgrund der geprüften Jahresabschlüsse, von der ordnungsgemäßen Geschäftsführung des Mecklenburgischen Staatstheaters aus. Unbeschadet dieser Tatsache hat die Landeshauptstadt Schwerin eine externe Sonderprüfung veranlasst. Das sicherte Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow vorgestern Bildungsminister Mathias Brodkorb bei einem Verhandlungsgespräch über die gemeinsame Theatergesellschaft zu.

 

Theaterstruktur nicht ausfinanziert

 

Ganz so neu, wie jetzt aus dem Bildungsministerium behauptet, ist das Defizit von 5,5 Millionen aber dann doch nicht. Im Auftrag des Landes, hatte vor einiger Zeit die Beratungsgesellschaft Metrum ein Gutachten vorgelegt und Einsparungsvorschläge gemacht. Schon damals wies die Landeshauptstadt immer wieder darauf hin, dass sie die Zahlen und Teile der Vorschläge des Beratungsunternehmens für unrealistisch hält. Am Ende wurde zwar in einer entsprechenden Zielvereinbarung zwischen Land und Stadt der Abbau von 30 Stellen bis 2020 akzeptiert. Die Zahlen des Metrum-Gutachtens wurden aber ausdrücklich nicht anerkannt. Theater und Landeshauptstadt, das wird immer wieder betont, hätten sich an die zugesagten Sparvorhaben gehalten und diese umgesetzt. Die geplante Theaterstruktur war also von Anfang an nicht ausfinanziert.

 

Jetzt, sprichwörtlich kurz vor der Angst, ist dem Land offenbar aufgegangen, dass sich hier Probleme ergeben könnten. Die gestrige Kabinettssitzung, so hofften zumindest viele Menschen, sollte Rechtssicherheit bringen.

 

Linksfraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern führt eine öffentliche Anhörung vor der Staatskanzlei durch (c) Schwerin-Lokal
Linksfraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern führt eine öffentliche Anhörung vor der Staatskanzlei durch (c) Schwerin-Lokal

 

Ab 9.00 Uhr hatte die Linksfraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern eine öffentliche Anhörung vor der Staatskanzlei angemeldet. Gute 50 Interessierte waren der Einladung gefolgt. Auch Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow nahm sich die Zeit und nahm teil. Sich öffentlich zu den Entwicklungen im Staatstheater äußern wollte sie sich nicht.

 

Linken-Fraktionsvorsitzender, Helmut Holter, machte deutlich, dass das Land eine „schwerwiegende und weitrechende Entscheidung“ treffen müsse. Das Kabinett habe es in der Hand, nun für Sicherheit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu sorgen.

Demo Linke 3
Helmut Holter und Angelika Gramkow (c) Schwerin-Lokal

 

Anita Gröger, die für die Aktion Stadt- und Kulturschutz (ASK) zur Oberbürgermeisterwahl kandidiert, hatte sich schon vor einigen Jahren im Rahmen des damals stattfindenden Kulturschutz-Camps für das Theater stark gemacht. Das Gezerre kann sie nicht verstehen. „Das Land verhält sich hier unverantwortlich. Geht es eigentlich noch um die Theaterreform, oder werden hier Machtspiele auf Kosten der Kulturschaffenden im Land ausgetragen? Diese Machtspiele sind doch widerlich und bringen niemanden weiter.“

 

Insolvenz noch nicht abgewendet

 

Das Kabinett vertagte gestern den Beschluss. Ein Sprecher des Bildungsministeriums begründete die Entscheidung damit, dass wichtige CDU-Minister auf dem Bundesparteitag ihrer Partei in Karlsruhe seien und man daher keine Einigung hätte herbeiführen können. Eine Entscheidung über die Auszahlung der Sonderhilfen wird nun am Donnerstagmorgen erwartet, wenn das Kabinett abermals zusammenkommen möchte. Viele Freunde des Staatstheaters hoffen, dass das Tauziehen um das Theater dann erst einmal zu Ende sein könnte. Die Probleme wären allerdings trotz der Zahlung nicht gelöst. Lediglich die Insolvenz des Theaters wäre abgewendet. Vor allem wird befürchtet, dass das Land nun neue Forderungen an das Staatstheater stellen könnte und so kurz vor dem geplanten Einstieg in die Gesellschaft, noch einmal kräftig Druck auf die Verantwortlichen im Theater, aber auch auf die Landeshauptstadt als Gesellschafter, ausüben könnte.


Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow stimmte in einem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden in der Stadtvertretung diese darauf ein, dass am kommenden Montag eine Sondersitzung der Stadtvertretung fällig werden könnte.

 

Sollten sich die Landesminister morgen nicht zu einer Auszahlung der Sonderzahlungen entschliessen können, dann bleibt Generalintendant Joachim Kümmritz nur noch übrig, den Ausgleich der Unterfinanzierung beim Gesellschafter der Landeshauptstadt einzufordern. Kommt dann innerhalb von vier Tagen das Geld nicht beim Theater an, dann wird sich Kümmeritz noch vor Weihnachten zum Insolvenzgericht begeben müssen und die Zahlungsunfähigkeit des Theaters erklären müssen. Das Drama wäre dann perfekt. Der Ausgang allerdings ungewiss.

 

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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