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Eklat im Jugendhilfeausschuss: Brill lehnt Rücktritt als Vorsitzender ab

Schwerin, 08.09.2016 (red/hk). Nachdem es der Vorsitzende des Jugendhilfeausschuss, Peter Brill gestern ablehnte, nach entsprechenden Forderungen der Ausschussmehrheit, seinen Vorsitz aufzugeben, musste die Sitzung abgebrochen werden. Parteivertreter im Ausschuss verließen

  • Veröffentlicht September 8, 2016

Schwerin, 08.09.2016 (red/hk). Nachdem es der Vorsitzende des Jugendhilfeausschuss, Peter Brill gestern ablehnte, nach entsprechenden Forderungen der Ausschussmehrheit, seinen Vorsitz aufzugeben, musste die Sitzung abgebrochen werden. Parteivertreter im Ausschuss verließen aus Protest die Sitzung.

Von Henning Kobs

Stadtvertreter der Linken und Vorsitzender des Jugendhilgeausschuss, Peter Brill
Stadtvertreter der Linken und Vorsitzender des Jugendhilfeausschuss, Peter Brill

Der Konflikt zwischen dem Ausschuss und seinem Vorsitzenden schwellt schon seit langer Zeit. Im Juli hatte der Jugendhilfeausschuss dem Linken-Politiker mehrheitlich das Vertrauen entzogen und ihn zum Rücktritt aufgefordert. Brill hatte sich damals eine Bedenkzeit ausgebeten.

 

Gestern nun tagte das Gremium erstmalig nach der Sommerpause und eigentlich hatten die Mitglieder des Ausschuss den Rücktritt Brills erwartet. Dieser lehnte einen Rücktritt aber in einer persönlichen Erklärung ab.

 

Brill war im Zuge der Mißbrauchsvorwürfe gegen Peter B., dem Mitbegründer des Vereins „Power for Kids“ in den öffentlichen Fokus geraten, als bekannt wurde, dass Brill spätestens im Januar letzten Jahres Vorwürfe im Zusammenhang mit Missbrauch an Kindern durch B. bekannt gewesen sind. Trotzdem hatte er als Ausschussvorsitzender die anderen Ausschussmitglieder nicht über sein Wissen informiert. Darin sehen viele Mitglieder einen Vertrauensbruch. Weiter steht Brill in der Kritik, dass er trotz der Kenntnis der Mißbrauchsvorwürfe die Anerkennung des Trägers Power for Kids weiter vorangetrieben hat und sich lobend über die Vereinsarbeit äußerte.

 

Nach Bekanntgabe Brills, dass er nicht von seinem Vorsitz zuücktreten wolle, eskalierte die Situation im Jugendhilfeausschuss. Die Ausschussmitglieder der Parteien CDU, SPD, Unabhängige Bürger, Bündnis 90 / Die Grünen und die AfD verließen die Sitzung, die daraufhin abgebrochen werden musste. Wie es nun weitergehen soll, das bleibt abzuwarten.

 

Erste Reaktionen aus der Stadtpolitik

 

SPD-Stadtvertreter und OB-Kandidat Rico Badenschier, zeigte heute wenig Verständnis für die Entscheidung Brills. “Ich habe kein Verständnis dafür, dass Herr Brill das Misstrauensvotum des Jugendhilfeausschusses ignoriert und auf seinem Vorsitzenendenstuhl kleben bleibt.“ Seine Rücktrittsweigerung gehe zu Lasten einer konstruktiven und vertrauensvollen Ausschussarbeit, die nach dem von der Stadtvertretung eingesetzten Sonderauschuss geforderten Neuordnung der städtischen Jugendverwaltung unbedingt nötig sei. „Ich fordere daher die Oberbürgermeisterin auf, ihren  engsten Vertrauten Brill im Interesse einer gedeihlichen Arbeit des Jugendhilfeausschusses zum Verzicht auf den Vorsitz zu bewegen!”, so Badenschier.

 

Auch der Fraktionsvorsitzende der Unabhängigen Bürger (UB), Silvio Horn, kritisiert das Verhalten Brills. „Wenn das Vertrauen der Ausschussmitglieder in den Vorsitzenden nicht mehr vorhanden ist, kann man das Problem nicht stur aussitzen und so tun, als ob nichts passiert sei. Um nicht über Wochen die wichtige Ausschussarbeit zu blockieren, ist die einzig logische Schlussfolgerung, dass Herr Brill unverzüglich seinen Hut nimmt“, so Horn.

 

Der erste stellvertretende Vorsitzende des Jugendhilfeausschuss, Lothar Gajek (Bündnis 90 / Die Grünen) macht deutlich, dass es auch für ihn nur einen Neuanfang im Jugendhilfeausschuss geben kann. „Es war vor der nächsten Stadtvertretung die letzte Möglichkeit unseren Protest Ausdruck zu verleihen.
Weder die überwältigenden Misstrauensentscheidung des Sonderausschusses zu ‚Power For Kids‘ und des Jugendhilfeausschuss konnten den Ausschussvorsitzenden zum Rücktritt bewegen.“, so Gajek.

 

Durch das Verlassen alles Vertreter der Fraktionen gestern Abend, sollte noch einmal ein Zeichen gesetzt werden. „Wir wollten durch unser Verlassen der Sitzung hier nochmals ein Zeichen unseres Misstrauens gegen die Nichtreflektion des Ausschussvorsitzenden setzen und für einen Neuanfang im Jugendhilfeausschuss werben.“, so Lothar Gajek weiter.

 

Die Bürgerinnen und Bürger müssten wieder Vertrauen in das Jugendamt und den Ausschuss gewinnen.   Dazu gehört für den Grünenpolitiker  auch Aufarbeitung und die Verantwortung zu übernehmen. „Der Eklat ist nicht das wir den Ausschuss verlassen haben, der Eklat ist der Vorsitzende.“, stellt Gajek klar.

 

Fassungslos äußerte sich auch die jugendpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Susanne Herweg. „Mit seinem Verhalten schadet Peter Brill dem Ansehen des gesamten Ausschusses. Es gibt eine klare Empfehlung des Sonderausschusses und eine politische Mehrheit im Ausschuss gegen ihn. Das Vertrauen in ihn ist nach seinem Agieren im Power-for-Kids-Skandal einfach nicht mehr da.“, so Herweg.

 

Die CDU-Stadtvertreterin erwartet von Brill, „dass er seine Entscheidung noch einmal überdenkt und nach der OB-Stichwahl zurücktritt.“  Es sei den Leuten nicht zu erklären, dass für diesen Skandal niemand die politische Verantwortung übernimmt“, sagte Herweg.

 

Auch die beiden Fraktionsvorsitzenden der SPD und Bündnis 90 / Die Grünen, meldeten sich heute mit einer Erklärung zu Wort. „Es hätte Größe gezeigt, wenn er der Empfehlung des Sonderausschusses im Juli und dem Beispiel der Jugendamtsleiterin gefolgt wäre. Wir hätten erwartet, dass er die von ihm eingeforderte achtwöchige Bedenkzeit genutzt hätte, um zu erkennen, dass das Vertrauen in ihn seitens der Politik mehrheitlich nicht mehr besteht.“, so Cornelia Nagel (Bündnis 90 / Die Grünen) und Daniel Meslien (SPD).

 

Die AFD-Stadtfraktion geht noch einen Schritt weiter und kündigt einen Abwahlantrag auf der nächsten Ausschusssitzung gegen Peter Brill an. „Die AfD-Fraktion wird zur nächsten Sitzung den Abwahl-Antrag gegen Brill einreichen. Wir gehen davon aus, dass die anderen Fraktionen sich diesem anschließen. Peter Brill hat bewiesen, dass er nicht geeignet ist, den Vorsitz des Ausschusses inne zu haben, welcher sich dem Schutz und der Hilfe unserer Kinder und Jugendlichen verpflichtet hat.“, so Stadtvertreterin, Petra Federau.

 

Die SPD und die Grünen kündigten an, dass sie  zur nächsten Stadtvertretung einen Antrag einbringen, in dem der Jugendhilfeausschussvorsitzende zum Rücktritt aufgefordert wird. Würde dieser durchkommen, dann stünde auch die Mehrheit in der Stadtvertretung gegen Brill.

 

Abwahl im Ausschuss eher unwahrscheinlich

 

Diesem Abwahlantrag dürfte aber wenig Chancen beschieden sein. Lothar Gajek stellt klar, warum es so schwierig ist, den Vorsitzenden Peter Brill, trotz des Misstrauensvotum, abzuwählen.

 

Der Ausschuss setzt sich aus sechs Vertretern der freien Träger und  neun Vertretern der Stadtvertretung zusammen. „Zur Abwahl ist eine Mehrheit von acht Stimmen nötig. Da sich die freien Träger bei politischen Entscheidungen verständlicherweise enthalten, reichen die sieben Stimmen aller anderen Fraktionen gegen die zwei Stimmen der LINKEN für eine Abwahl nicht aus.“, erklärt Gajek.

 

Das heißt, der Ausschussvorsitzende kann trotz eindeutigem Votum nicht abgewählt werden.

 

Rücktrittsweigerung kann OB-Wahl belasten

 

Inwieweit die Weigerung Brills, sein Amt als Ausschussvorsitzender des Jugendhilfeausschuss aufzugeben, dem laufenden OB-Wahlkampf geschuldet ist, darüber kann nur spekuliert werden. Tatsache ist, dass die jetzige Oberbürgermeisterin, Angelika Gramkow aufpassen muss, nicht selber in die sich ankündigende Schlamschlacht zwischen dem Ausschuss und seinem Vorsitzenden hineingezogen zu werden. Peter Brill kann noch in letzter Minute ein ernstzumehmender Stolperstein zur angestrebten Wiederwahls als Oberbürgermeisterin werden. Die Zeichen stehen jedenfalls auf Sturm.

 

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Redaktion

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