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#LokOn17: Lokale Online-Medien leisten Beitrag zur Medienfreiheit

Schwerin, 03.05.2017 (red/sr). Wer eine vielfältige und meinungsstarke Presselandschaft möchte, muss sich von der Idee verabschieden, dass Journalismus nichts kosten darf. Zu diesen und anderen Themen, hat sich die Redaktion

  • Veröffentlicht Mai 3, 2017

Schwerin, 03.05.2017 (red/sr). Wer eine vielfältige und meinungsstarke Presselandschaft möchte, muss sich von der Idee verabschieden, dass Journalismus nichts kosten darf. Zu diesen und anderen Themen, hat sich die Redaktion von Schwerin-Lokal in der letzten Woche zur Redaktionskonferenz „Gekommen, um zu bleiben – neue Ideen für lokale Onlinemedien“ mit anderen Kollegen in Berlin getroffen. Heute am Tag der „Internationalen Tag der Pressefreiheit“  möchten wir einmal den Blick über Schwerin hinaus schweifen lassen. 

 

Von Stefan Rochow

 

Foto: Petra Bork / pixelio.de

 

Der 3. Mai ist der „Internationale Tag der Pressefreiheit“. Seit 1994 hat die Pressefreiheit damit ihren eigenen Gedenktag. Seitdem verleiht die Unesco jedes Jahr an diesem Tag den Guillermo-Cano-Preis an Personen, die sich besonders für die Pressefreiheit einsetzen. Außerdem veröffentlicht die Organisation Reporter ohne Grenzen an diesem Tag einen Bericht über die Freiheit der Presse in der Welt.

Gerade in den letzten Monaten haben wir immer wieder über das Thema Freiheit der Presse gehört und gelesen. „Lügenpresse“ ist das Unwort des Jahres 2014 und bis heute ist dieser Begriff ein Kampfbegriff um Journalisten pauschal als „Lügner“ zu diffamieren. Journalisten werden bedroht und behindert, verklagt und verleumdet. Der Kampf um die Pressefreiheit ist also nicht nur ein Thema das weit weg ist und uns hier in Deutschland nicht betrifft. Das Deutschland im Ländervergleich der Pressefreiheit, das alljährlich von den „Reportern ohne Grenzen“ herausgegeben wird, von 180 Ländern auf Platz 16 kommt kann dabei nur oberflächlich beruhigen.

 

Journalisten sind keine Volkspädagogen

 

Die Medienlandschaft erlebt seit einigen Jahren einen enormen Umbruch. Früher hatten Medien das Informationsmonopol und waren die „Gate-Keeper“ was gebracht wird und was nicht. Mit dem Internet ist das frühere Informationsmonopol abhanden gekommen. Wer sich in den sozialen Medien umschaut, der stellt fest, dass es vor allem Medieninformationen sind, die von den Nutzern gepostet und diskutiert werden. Es wird aber auch klar, dass nicht alles „stimmt“ oder nicht „so stimmt“, wie es Medien manchmal vermelden. Da stellt sich dann sehr schnell die Frage, ob Journalisten immer die „Wahrheit“ bringen.

Natürlich nicht, denn die eine „Wahrheit“ gibt es meistens nicht. Auch kann man zu einem bestimmten Thema niemals auch wirklich alles berichten. Die Freiheit der Medien ist immer auch die Freiheit der Auswahl von Informationen und unterschiedlichen Berichten zu einem Thema. Die Medienfreiheit erlaubt allen Medien zu entscheiden, was und wie sie berichten. Ob kurz, ob lang, ob gar nicht. Genau diese Vielfalt ist es, die für ein breites Spektrum an Informationen sorgt, aus denen sich Leser dann eine Meinung bilden können. Journalisten sind Kommunikations-Profis. Eines sind sie aber nicht: Volkspädagogen, die anderen Menschen die Welt erklären müssen. Das ist leider nicht immer so klar.

 

Medienfreiheit gerät unter wirtschaftlich-finanziellen Druck

 

Eine Gefahr für die Medienfreiheit – einen Begriff den ich heute zeitgemäßer als „Pressefreiheit“ finde –  lauert in Deutschland auch auf einem ganz anderen Feld. Nämlich durch den wachsenden wirtschaftlich-finanziellen Druck. Denn auch Journalisten müssen essen, wohnen, leben. Ihr Medium muss sie bezahlen und muss dafür selbst Geld erwirtschaften – klassischerweise durch Werbung und Verkäufe. Diese Erträge werden, auch hier spielt das Internet eine Rolle, immer geringer, da viele Informationen dort kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Damit haben ursprünglich einmal genau jene Zeitungsverlage angefangen, die sich heute über genau diese Entwicklungen beklagen.

Seit Jahren versuchen Medien dagegenzusteuern.  Aber Abo-Modelle oder Bezahlschranken ernähren noch nirgendwo eine Redaktion. Zudem brechen Werbeeinnahmen weg, da viele Unternehmen über das Internet und soziale Netzwerke selbst zum „Sender“ werden können. Die klassischen Medien sind für den Transport von Informationen nicht mehr unbedingt notwendig. Das ist Chance und Risiko zugleich. In den letzten Jahren haben sich in vielen Teilen der Republik  unabhängige lokale Onlinemedien als Teil eines vielfältigen lokalen Kommunikationsraumes etabliert. Sie leisten einen großen Beitrag für die Medienvielfalt vor Ort, kämpfen aber wie die gesamte Branche nicht selten hart um das Überleben.

 

Tue Gutes und rede darüber

 

In der letzten Woche von Donnerstag bis Samstag kamen 30 Journalisten zur Redaktionskonferenz  „Gekommen, um zu bleiben – neue Ideen für lokale Onlinemedien“ in Berlin zusammen. Auch Schwerin-Lokal war vertreten. Veranstalter war die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb.

Es waren kleine Online-Medien wie wir, aber auch Online-Journalisten großer Tageszeitungen, die sich mit Trends der Branche befassten und Ideen miteinander diskutierten. „Den Stein der Weisen“, das wurde auch an diesen Tagen klar, hat noch niemand gefunden. Trotzdem fand sich am Ende eine Gruppe zusammen, die aus diesem Treffen auch weitere Vernetzung folgen lassen möchte. Es gibt einen Bedarf an vielfältiger lokaler Berichterstattung und verlagsunabhängige Projekte können hier eine wichtige Rolle spielen. Wahrnehmbare überregionale Aufmerksamkeit ist aber nur dann möglich, wenn alle Projektbetreiber gemeinsam die Öffentlichkeit suchen. Auch hier gilt die alte PR-Regel „Tue Gutes und rede darüber“.

Die Vorschläge lassen sich kurz zusammengefasst hat die Ergebnisse der Dresdner Medienblog „Flurfunk„:

 

1. Vorschlag: Es gibt ein irgendwie geartetes Förderprogramm für einzelne Personen, kurz: ein Fellowship. Als Vorbilder wurden Ashoka genannt, wo sogar Geschäftsideen mit finanziellen Mitteln unterstützt werden, und die Kultur- und Kreativpiloten, bei denen es eher um idelle Unterstützung geht, etwa durch Vernetzung, die Vermittlung von Mentoren oder Fortbildungen.

 

2. Vorschlag: Es könnte eine Auszeichnung für lokale Onlinemedien geben. Hier wäre sicherlich eine Kriterienliste zu erarbeiten; aber vielleicht bestünde auch die Möglichkeit, sich an einen bestehenden Preis anzugliedern? Als wilde Idee wurde genannt, dass doch die bpb einen Förderpreis im Rahmen des Grimme-Online-Awards finanzieren könnte. Aber sicher gibt es auch andere Journalisten- und Medienpreise, die sich des Themas annehmen könnten. Angesprochen wurde auch mehrfach, dass NRW eine Stiftung für Lokaljournalismus mit dem Namen „Vor Ort NRW“  gegründet hat. Könnte mal bitte jemand…

 

3. Vorschlag: Es entsteht eine gemeinsame Plattform – sichtbar oder vielleicht auch erst einmal intern. Im Rahmen des Seminars entstand etwa eine geschlossene FB-Gruppe, in der sich über Wahlberichterstattung ausgetauscht werden soll. Die Erfahrung lehrt: Wenige Wochen nach so einer Veranstaltung schläft die Aktivität in solchen Gruppen gewöhnlich wieder ein. Abgesehen davon: Es gibt schon jetzt wahnsinnig viele Blogger-Gruppen…

 

Medien haben, trotz des Verlustes ihrer „Gate-Keeper“-Funktion, nach wie eine wichtige Aufgabe in der Gesellschaft. Für den Transport von Informationen sind sie nicht mehr unersetzlich – für eine professionelle Einordnung dann allerdings schon. Kein Unternehmen, keine Behörde, keine Partei und kein Verein berichtet freiwillig über Schieflagen und Skandale. Um der zivilgesellschaftlichen Rolle der „Kritik und Kontrolle“ durch Journalisten gerecht zu werden, benötigt es eine gewisse Relevanz. Hier nutzt alle Pressefreiheit nichts – man braucht Reichweite. Die zunehmend ökonomischen Schwierigkeiten der Medienbranche behindert Meinungsfreiheit. Diese Behinderung findet nicht durch den Staat statt, sondern durch eine Mentalität, die zwar selbstverständlich Informationen erwartet, aber glaubt, die würde nichts kosten. Ein Grund beim Thema Pressefreiheit nicht nur auf die weite Welt zu schauen.

 

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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