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Schwerin könnte der bezahlbare Wohnraum ausgehen

Die WGS möchte im kommenden Jahr 1.100 Wohnungen an einen privaten Investor verkaufen. Das wird von Teilen der Stadtpolitik kritisch gesehen. Rückenwind kommt nun vom Pestel-Institut in Hannover, das prognostiziert,

  • Veröffentlicht Oktober 30, 2015

(red/sr). Die WGS möchte im kommenden Jahr 1.100 Wohnungen an einen privaten Investor verkaufen. Das wird von Teilen der Stadtpolitik kritisch gesehen. Rückenwind kommt nun vom Pestel-Institut in Hannover. Dieses prognostiziert, dass Schwerin in kürzester Zeit der bezahlbare Wohnraum ausgehen könnte.

 

Von Stefan Rochow

 

Lankow

 

Die Ankündigung, dass die  WGS Wohnungsgesellschaft Schwerin bis 2016 rund 1.100 Wohnungen an einen Investor verkaufen möchte, sorgte in den vergangenen Tagen in der Stadt für erhebliche Diskussionen. Zuletzt hatte der SPD-Stadtvertreter und OB-Kandidat Rico Badenschier einen Brief an die Stadtspitze, die Fraktionen, die WGS und dem Aufsichtsrat der kommunalen Wohnungsgesellschaft geschrieben, in dem er die Pläne der WGS scharf kritisierte. Die Landeshauptstadt ist nach Ansicht von Badenschier dabei »ihren Einfluss auf die Entwicklung des Schweriner Wohnungsmarktes und die Stadtentwicklung überhaupt zu schwächen«.

 

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SPD-Kandidat zur OB-Wahl, Rico Badenschier (Mitte) möchte Verkaufspläne der WGS verhindern
SPD-Kandidat zur OB-Wahl, Rico Badenschier (Mitte) möchte Verkaufspläne der WGS verhindern

Weiter forderte der SPD-Kommunalpolitiker, dass die Stadtvertretung als »oberstes Willensbildungs- und Beschlussorgan« über den Verkaufsplan zu entscheiden habe und nicht der Aufsichtsrat. Ginge es nach Badenschier, dann soll möglichst noch auf der Sitzung im November über den Verkauf der Wohnungen an einen Investor entschieden werden. Nur dann hätte die Stadtvertretung genügend Zeit »um Finanzierungsalternativen zu prüfen und einen Verkauf zu verhindern.«, schreibt der OB-Kandidat.

 

In Schwerin mangelt es an bezahlbaren Wohnraum

 

Rückenwind dürfte Rico Badenschier nun durch eine gerade vorgelegte Wohnungsmarkt-Analyse des Pestel-Instituts erhalten. Das Institut stellt in der Studie die Landeshauptstadt auf den »Wohn-Prüfstand« und kommt zum Ergebnis, dass in naher Zukunft rund 470 Wohnungen für Flüchtlinge gebraucht werden. Nach Berechnung der Wissenschaftler, liegt der Gesamtbedarf an Wohnraum in Schwerin noch in diesem Jahr bei rund 910 Wohnungen. Daher sei es nun dringend notwendig, vorhandenen leerstehenden Wohnraum zu sanieren. Weiter sieht die Studie einen enormen Bedarf an Neubau von neuem Wohnraum. In den vergangenen Jahren seien im Schnitt in Schwerin lediglich nur rund 290 Wohnungen gebaut worden. Vor einem »Weiter so« in Schwerin warnt das Institut aus diesem Grunde. »Wenn es bei einem starken Flüchtlingszuzug bleibt, muss sich Schwerin auch in den kommenden Jahren darauf einstellen, dass noch mehr Wohnungen gebraucht werden«, sagt Pestel-Institutsleiter Matthias Günther.

 

Besonders an bezahlbaren Wohnraum mangelt es nach Ansicht des Pestel-Instituts in Schwerin. »„Es fehlen bezahlbare Wohnungen. Vor allem aber Sozialwohnungen. Also vier Wände für die Menschen, die sich teure Wohnungen in der Regel nicht leisten können: Rentner, Alleinerziehende, junge Menschen in der Ausbildung, einkommensschwache Haushalte und eben auch Flüchtlinge“, sagt Matthias Günther.

 

Schwerin darf sich nicht das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen

 

Der sozialpolitische Sprecher der SPD-Stadtfraktion, Christian Masch sieht nun dringend Handlungsbedarf seitens der Stadt. »Bezahlbarer Wohnraum für einkommensschwache Menschen darf in Schwerin nicht zur Mangelware werden«, macht Masch deutlich. Der SPD-Politiker, der selber auch Aufsichtsratmitglied der WGS ist, macht deutlich, dass es »gerade wenn es darum geht, allen Menschen ein Dach überm Kopf zu gewährleisten« die Kommune eine besondere Verantwortung hat. Die Stadt dürfe sich daher mit dem WGS-Wohnungsverkauf nicht das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen.

 

Gegenüber der Redaktion von Schwerin-Lokal hatte der WGS-Geschäftsführer, Thomas Köchig vor einigen Wochen dem ins Auge gefassten Privatinvestor sein Vertrauen ausgesprochen. Der Investor habe zugesichert, ein Viertel der Wohnungen auf einem niedrigen, sozial verträglichen Mietniveau zu halten.

 

 

Christian Masch sieht das aber etwas kritischer als Köchig. Er selber möchte nicht darauf setzen, dass es privaten Investoren besser gelingen kann preisgünstigen Wohnraum anzubieten. »Der Wunsch nach schnellem Geld durch Wohnungsverkäufe hatte schon in vielen anderen Kommunen Deutschlands nach kurzer Zeit einen bitteren Nachgeschmack.«, sagt Masch.

 

Die Untersuchung hat die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und dem Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB) in Auftrag gegeben.

 

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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