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Volles Haus bei Bürgerversammlung zu den Lankower Hochhäusern

(sr). Wie geht es mit den Hochhäusern in Lankow weiter? Gestern informierte die WGS die betroffenen Bürger über den Zwischenstand der Entwicklung. Das Interesse der Bürger war groß und die

  • Veröffentlicht Februar 4, 2015

Lankower Hochhäuser

(sr). Wie geht es mit den Hochhäusern in Lankow weiter? Gestern informierte die WGS die betroffenen Bürger über den Zwischenstand der Entwicklung. Das Interesse der Bürger war groß und die Debatte kontrovers.

»Es ist die bestbesuchste Ortsbeiratssitzung, die ich je erlebt habe«. So begrüßte Schwerins erster stellvertretende Oberbürgermeister und Baudezernent, Bernd Nottebaum gestern die über 100 anwesenden Bürger und mehrere Stadtvertreter in der Grundschule Lankow. Das Thema an diesem Abend barg sehr viel Sprengstoff in sich. Aus der Zeitung hatten viele Anwesende erfahren, dass die WGS Wohngesellschaft Schwerin den Verkauf oder den Abriss der Hochhäuser in Lankow planen würde. Die Emotionen der betroffenen Mieter kochten in den vergangenen Wochen dementsprechend hoch. Die gestrige Ortsbeiratssitzung sollte diese Emotionen beruhigen und einen Zwischenstand darüber geben, was mit den Hochhäusern passieren soll. Der volle Saal in der Grundschule machte deutlich, dass die Menschen sich große Sorgen machen. »Lassen Sie uns heute sachlich diskutieren«, so die große Bitte Nottebaums. Über weite Strecken des Abend fand diese sachliche Diskussion dann auch statt.

 

Der Saal in der Lankower Grundschule war vollbesetzt.
Der Saal in der Lankower Grundschule war vollbesetzt.

»Uns sind die Hände gebunden«

 

Den Auftakt machte der neue WGS-Geschäftsführer Thomas Köchig, der in seinem Lagebericht erklärte, vor welchen Herausforderungen die Wohnungsbaugesellschaft in Schwerin steht. Dabei zeichnete er kein rosiges Bild über den Zustand des von ihm geführten Unternehmens. »Um die WGS ist es seit Jahren nicht gut gestellt«, so Köchig. Der Leerstand in Schwerin betrage 10 Prozent und hätte in der Spitzenzeit sogar bei 18 Prozent gelegen. Das mache der WGS seit Jahren zu schaffen.

 

WGS-Geschäftsführer Thomas Köchig "Um die WGS ist es seit Jahren nicht gut gestellt"
WGS-Geschäftsführer Thomas Köchig „Um die WGS ist es seit Jahren nicht gut gestellt“

 

 

Jahr für Jahr fahre das Unternehmen mit den vier Objekten in Lankow einen Verlust von 600.000 Euro ein. Vor allem der große Leerstand in den Hochhäusern sei ein großes Problem. Aber auch der Zustand der Hochhäuser in Lankow sei »katastrophal«. So sei beispielsweise keine Barrierefreiheit gegeben. Alleine der Bestandsschutz ermögliche im Moment überhaupt, dass man die Objekte auf dem jetzigen Niveau betreiben könne. Wollte man die Hochhäuser sanieren, so entstünde ein Investitionsbedarf zwischen 11 bis 15 Millionen Euro. Pro Haus müssten dann zwischen 1,5 – 2 Millionen Euro sofort investiert werden. Die Banken seien aber nicht bereit für die Sanierung Kredite zu geben. »Uns sind die Hände gebunden«, so das ernüchternde Fazit des WGS-Geschäftsführers.

 

 
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Ziel des Unternehmens sei es aber, mehr als ein Hochhaus zu erhalten, so Köchig. So stehe das Hochhaus in der Rahlstedter Straße im Moment nicht zur Debatte und würde auch in den nächsten Jahren erhalten bleiben. Darüber hinaus bemühe man sich um Förderungen durch das Landesförderinstitut (LFI), womit man ein weiteres Hochhaus erhalten könnte. Noch in diesem Jahr müsse aber ein entsprechender Förderantrag beim LFI gestellt werden. Köchig warnte aber gleichzeitig vor zu hohen Erwartungen. »Es wird ein harter Weg werden, diese Förderungen durchzubekommen«. Dazu bedürfe es viel guten Willen bei den Förderern. Ein positiver Bescheid durch das Landesförderinstitut sei daher alles andere als sicher.

 

Die WGS hätte angesichts der bedrückenden Situation nur die zwei Handlungsoptionen Verkaufen oder Abreißen. Der immer wieder im Raum stehende Schweizer Investor, der schon Interesse am Kauf der Objekte bekundet hat, würde auch innerhalb der WGS und auch im Aufsichtsrat kritisch gesehen werden. »Für die Schweizer schlägt unser Herz nicht«, machte Köchig deutlich. Der einzige Vorteil eines Verkaufs liege aber darin, dass man Zeit gewinnen würde und damit eventuell einen Abriss abwenden könne.

 

Im Gegensatz zum Oktober scheint Licht am Horizont zu sein

 

Köchig teilte weiter mit, dass es inzwischen einen weiteren Interessenten für den Kauf geben würde. Dabei würde es sich um einen regionalen privaten Wohnungsbetreiber handeln, der mehre Objekte in Mecklenburg-Vorpommern betreiben würde. Nach der Ansicht von Thomas Köchig, wäre bei diesem Investor ein langfristiger Betrieb der Lankower Hochhäuser gewährleistet.

 

Im Anschluss an Köchigs Ausführungen entspann sich eine rege Diskussion. Dabei wurde deutlich, dass viele Anwesenden durchaus Verständnis für die Lage der Hochhausbetreiber haben. Sie fühlen sich aber mit vielen Dingen einfach von ihren Vermietern im Stich gelassen. So kamen viele Probleme in den Hochhäusern über den Verkauf oder Abriss hinaus zur Sprache. Die WGS hätte seit Jahren auf Kosten der Wohnqualität gespart und stehe nun vor dem Scherbenhaufen ihrer verfehlten Geschäftspolitik. Der Frust saß daher spürbar tief und mancher Bewohner machte diesem Ärger an diesem Abend Luft.

 

Eine rege Diskussion zeigte das Interesse der Bürger
Eine rege Diskussion zeigte das Interesse der Bürger

 

Hoch her ging es dann doch noch kurzweilig, als aus den Reihen der Hochhausbewohner der WGS »Sozialrassismus« vorgeworfen wurde. Mit einem Offenen Brief und einer eventuellen Sammelklage wollen sich einige Hausbewohner gegen die geplanten Maßnahmen wehren. Politik und Wohnungsgesellschaft wurde unter Beifall vieler Anwesenden vorgeworfen, dass diese »in einer Welt leben würden, die mit der Realität nichts zu tun haben würde«.

 

Wer an diesem Abend gehofft hatte, dass er eine Lösung des entstandenen Problems erhalten würde, ging enttäuscht nach Hause. Angesichts des Zeitpunkts und des Sachstands konnte aber an diesem Abend nicht mehr gemacht werden als einen Zwischenstandsbericht abzugeben. Bernd Nottebaum machte noch einmal deutlich, dass man noch am Anfang eines breiten Diskussionsprozesses stehen würde. Man versuche nun diesen Prozess transparent zu gestalten. Hätte es im Oktober nur die Alternative Verkauf an einen Finanzinvestor oder Abriss gegeben, so sein nun mit dem weiteren Kaufinteressenten eine dritte Möglichkeit hinzugekommen. Das sei, da war sich der Ortsbeirat an diesem Abend einig, ein großer Schritt nach vorne. Ob es allerdings nur ein kurzes Aufflackern ein für alle Seiten vertretbare Lösung ist, werden die weiteren Monate zeigen. Ein Antrag des Lankower Ortbeirates an die Stadtvertretung, einen Abriss der Hochhäuser zu verhindern, wird im Moment in den Fachausschüssen der Stadt beraten.

 

 

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Redaktion

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