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Der Hunde-Ratgeber Sven Kunkel: Was für ein Gezerre…

Schwerin, 31.03.2017 (sk). Es gibt in Deutschland schätzungsweise 5 Millionen Hunde. Etwa gefühlte 4 Millionen dieser Hunde ziehen und zerren ihre Besitzer an der Leine hinter sich her. Warum ist

  • Veröffentlicht März 31, 2017

Schwerin, 31.03.2017 (sk). Es gibt in Deutschland schätzungsweise 5 Millionen Hunde. Etwa gefühlte 4 Millionen dieser Hunde ziehen und zerren ihre Besitzer an der Leine hinter sich her. Warum ist das so? Und was sollten Frauchen oder Herrchen ändern?

Von SVEN KUNKEL

Nicht immer verläuft ein Spaziergang mit dem Hund so unkompliziert. Das Gezerre an der Leine, sorgt bei Frauchen oder Herrchen nicht selten für Unmut Foto: Klaus Grittner

Jeder Hundebesitzer hat ihn – diesen Traum. Den Traum, das der Hund an entspannter Leine geht.All zu oft sieht die Realität anders aus. Schnell werden wir an den erst besten Baum gezogen, damit dieser makiert werden kann. Was machen WIR? Wir lassen uns zum Baum zerren! Dann werden wir zur Wiese gezogen, auf der immer getobt werden darf. Und wir erfüllen dem Hund natürlich diesen Wunsch. Heisst für den Hund: „Um so mehr ich ziehe, um so schneller bekomme ich meine Wünsche erfüllt!“ Das bedeutet – wir bringen den Hunden das Ziehen sogar bei! Bello hat Erwartungshaltungen, die ihm dann stets, ständig und schnell erfüllt werden.

 

Frühes Leinentraining empfehlenswert

 

Aber was bedeutet eigentliche eine Leine? Für Menschen ist es vergleichbar, wie jemanden „an die Hand“ zu nehmen. Wir führen jemanden an der Hand, um ihn zu schützen. Schutz vor Autos, anderen Hunden, damit er nicht unkontrolliert weglaufen kann u.s.w. Für Hunde ist es eine Begrenzung und eine Einschränkung in ihrer Kommunikation. Es ist ja eigentlich auch eine der unnatürlichsten Anforderungen, die wir an unseren Vierbeiner stellen.

 

Daher sollte mit dem Leinenführigkeitstraining bereits im frühen Welpenalter begonnen werden. Was aber nicht heisst, das einem älteren Hund dieses nicht mehr beigebracht werden kann.

 

Das Leinenführigkeitstraining ist kein Training, das nach dem Prinzip des Fuss-Gehens funktioniert. Wir bringen dem Hund kein Kommando bei, welches bedeutet, dass er neben uns an durchhängender Leine geht. Unser vierbeiniger Freund soll sich in direkter Nähe aufhalten, auf uns achten und sich auf uns verlassen können – sich am Menschen orientieren! Dabei muss es dem Hund möglich sein, entspannt zu laufen. Wir sollten unsere Schrittgeschwindigkeit gegebenenfalls den Bedürfnissen des Hundes anpassen. Wenn man z.B. einen alten oder kranken Hund hat, dann können diese Hunde nicht mehr so schnell gehen, wenn man sie an der Leine hat. Das bedeutet beim Leinenführigkeitstraining aber nicht, dass sich der Mensch wieder nur um den Hund kümmert: Vielmehr soll dadurch erreicht werden, dass der Hund seinem Menschen gegenüber aufmerksam ist.

 

Der Hund macht durch das Leinenführigkeitstraining die Erfahrung, dass sein Mensch beschlossen hat, sich wie „ein Rudelführer“ zu verhalten. Er möchte einfach vorangehen und der Hund soll ihm folgen. Dabei braucht er weder auf den Hund einzureden, noch körperlich werden. Die Leine sollte nicht auf Spannung kommen, dafür lernen wir zu sorgen. Der Mensch bringt sich u.a. durch Richtungs- und Tempowechsel, oder Wegabschneiden immer wieder vor den Hund, lässt den Hund nicht mehr überholen. Man sollte das Leinenführigkeitstraining immer erst starten, wenn der Hund sich komplett gelöst hat.

 

Die Leine wird mit beiden Händen festgehalten. Die Hände sollte sich vor dem Bauch befinden (siehe Foto). Dadurch wird gewährleitet, dass die Leine, und somit der Hund, nicht mal mehr, mal weiniger Spiel hat. Zudem erleichtert dieses Handhabung der Leine. Man ruckt dadurch nicht unterbewusst an der Leine, in dem man den Hund zurückzieht. Die Leine sollte so lang sein, dass sie locker durchhängen kann, wenn der Hund sich kurz hinter oder neben uns befindet.

 

 

Niemals aber mit Gewalt, Schmerzen oder Gebrüll

 

Der Mensch sollte beim Training zunächst vorgehen. Sobald der Hund vorbeilaufen möchte, soll der Mensch umdrehen und in die entgegengesetzte Richtung weitergehen. Dabei hilft es, sich eine imaginäre Linie vorzugeben. Beispielsweise kann man seine beiden Knie als Linie sehen. Überschreitet der Hund diese Linie mit der Nase oder dem gesamten Kopf, sollte der Mensch reagieren. Dieses sollte konsequent beigehalten werden.

 

Der Mensch sollte versuchen, die Leine nicht auf Spannung kommen zu lassen. Es ist wichtig, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann der Hund die Leine auf Spannung bringen wird, um dann früher reagieren zu können, also dem Hund immer einen Schritt voraus zu sein. Dabei sollte man den Hund möglichst nicht ansehen. Anfangs fällt dieses besonders schwer. Erst recht, wenn es sich um einen kleinen Hund handelt.

 

Sollte der Hund hinter dir bleiben, dann belohne den Hund dafür mit einem kurzen, leisen Lob. Bei zu stark aufmunterndem Lob kann es passieren, dass der Hund dies als Aufforderung ansieht und sich wieder nach vorne drängelt. Der Mensch sollte öfter mal stehen bleiben, um zu testen, wie weit sich der Hund wieder nach vorne drängelt. Diese Übung ruhig mehrfach wiederholen, denn es gibt Hunde, die eine Zeit brauchen, um zu begreifen, was für ein Verhalten erwünscht ist. Dieses Training kann für einige Hunde sehr anstrengend sein. Pausen sind wichtig. Am besten dann, wenn der Hund gut mitgemacht hat.

 

Nun wird ja nicht stets und ständig Leinenführigkeit geübt. Ab und an darf der Hund auch auf den Grünstreifen ziehen. Hier ist es hilfreich Halsband und Geschirr zu nutzen. Halsband bedeutet: „Leinenführigkeit“, Geschirr bedeutet: „Du kannst ziehen“.

 

In letzter Zeit sieht man leider immer wieder den Einsatz einer Bauchleine. Hierbei wird eine Leine in das Halsband des Hundes eingehakt. Sie verläuft dann über den Rücken des Tieres bis etwa auf Höhe des Genitalbereichs. Dort wird die Leine einmal um den Bauch des Hundes herumgelegt und verläuft dann wieder am Rücken nach oben in die Hand des Menschen. Bereits der kleinste Leinenruck ist sehr schmerzhaft für den Hund. Das Ziehen unterlässt er mit der Leine um den Bauch nur aus Angst vor weiterer Strafe, er zeigt Meideverhalten. Der Hund wird aber nicht lernen seinem Menschen zu vertrauen und ihm zu folgen. Diese Anwendung von Gewalt ist nicht vertretbar! Der Einsatz dieser Leine ist abzulehnen! Es ist Tierquälerei.

 

Das Ziel, mit dem Hund an lockerer Leine zu laufen wird durch gutes Timing und Geschicklichkeit, sowie eine dazugehörigen Portion Durchhaltevermögen und Konsequenz erreicht, niemals aber mit Gewalt, Schmerzen oder Gebrüll.

 

Eine Leine sollte in einer Hund-Mensch-Beziehung für VERTRAUEN & RÜCKSICHT und nicht für MISSTRAUEN & STRAFE stehen.

 

Macht was draus! Und achtet auf Euren Hund.

 

Wuffige Grüße

Sven Kunkel

 

Über Sven Kunkel 

 

sven kunkelKunkel war selbst Besitzer eines „Problemhundes“ und mit seinem Verhalten völlig überfordert ….
„Zugegeben war ich zuvor ziemlich blauäugig bei der Auswahl und ungenügend informiert.“, sagt er heute.

 

Damals hätte sich Kunkel einen guten Trainer gewünscht, der ihm und seinem Hund zeigt,  wie beide die kleinen und großen Alltagssorgen bewältigen können. Dann lernte Sven Kunkel den deutschen Hundetrainer und Buchautor Martin Rütter kennen, der  ihn begeisterte, wie aus „kleinen Bestien – anständige Hunde“ wurden.

 

Er absolvierte dann selber eine Ausbildung  bei Martin Rütters zum Hundetrainer und ist heute ein Teil des hilfreichen Netzwerkes von Martin Rütter DOGS . Gerne gibt er sein Wissen an Sie und Ihren Hund weiter.

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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